Samstag, 29. November 2014

Im Labyrinth des Schweigens - Für Geschichte(n) ist man weder zu jung, noch zu alt...



 http://www.ndr.de/kultur/film/labyrinth106_v-podcast.jpg


Seit dem 6.11. läuft in unseren Kinos ein Film, der schnell in den Programmkino´s gelandet ist. Mal wieder schade!
Ich habe nach Mitgängern gesucht - aber das Thema... na ja. Ja, ich kann es verstehen, wenn mir gesagt wird "och nö, sorry, aber da hatte ich in der Schule echt genug davon - hoch und runter!"
Und doch dachte ich eben: DAS ist ein Film für jedes Alter. Warum?
1958 - ich habe keine Ahnung, wie sich das anfühlte damals in Deutschland. Vielleicht kann man ahnen, wie es war, wenn man sich an persönliche Lebenssituationen erinnert, in denen man ganz tief unten war - und es dann langsam aufwärts geht. Wenn du nach einer großen Trauer zum ersten Mal aufwachst und die Freude auf den Tag spürst. - Keine Ahnung.
Der Film beruht auf wahren Begebenheiten. Fritz Bauer - Generalstaatsanwalt und Thomas Gnielka - Journalist, waren zentrale Figuren auf dem Weg zu den sogenannten Auschwitz-Prozessen. Da geht es ja vielleicht schon los. Die Nürnberger Prozesse kennt jedes Schulkind. Aber danach?
Ich selbst - obwohl ich den Trailer vorher gesehen hatte - war nicht ganz klar, welche Geschichte da genau erzählt wurde ;-)
 Es ist erschütternd und beeindruckend zugleicht, wenn man als Jahrgang 68 auf der Leinwand sieht, wie damals 20jährige, nach Auschwitz gefragt, antworten, sie hätten keine Ahnung. Man sieht vor seinem inneren Auge so manchen 20jährigen heute - sorry, aber so wird es in allen Generationen vor uns gewesen sein und auch nach uns so kommen. Und gerade deshalb ist die Geschichte um den jungen Staatsanwalt Johann Radmann so beeindruckend. Auch er weiß im Grunde nichts. Ich bin in den Film gegangen, weil mich ein Satz im Trailer beeindruckt hat. Gnielka sagt zu Radmann "Dass ein deutscher Staatsanwalt nicht weiß, was in Auschwitz passiert ist, ist ein Skandal". Und ich dachte: ne, oder? Doch! "Wissen sie, was sie da anrichten? Wollen sie dass sich jeder junge Mensch in diesem Land fragt, ob sein Vater ein Mörder ist?" Auf diese Frage eines Kollegen antwortet Radmann "Ich will dass diese Lügen und dieses Schweigen endlich aufhören".
Das haben die Auschwitz-Prozesse geschafft. Die Menschen - vor allem die junge Generation konnte nicht mehr an der Tatsache vorbei schauen, dass Deutschland aufgebaut wurde von Menschen die "früher" mit dabei waren. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich in der Schule den Nazionalsozialismus durchnahm. Ganz ehrlich: so super toll war das noch nicht. Ja, ich wusste was passiert war. Ich fand alles schrecklich. Wollte das vielleicht auch alles so ausführlich nicht wissen - und mit dem Jahr 1945 hörte dieses Kapitel dann auch auf. Und ja, ich fragte meine Eltern. Und sie erzählte von der Zeit als sie Kinder waren, Jahrgang 1945 mein Vater und meine Mutter 1946. Und ich fragte meine Großeltern. Bekam mehr oder weniger ausführliche Antworten. War aber schon beeindruckt, als ich hörte, das meine Uroma in Saarbrücken damals eine Weile immer morgens antreten musste. Prügel abholen. Sie hatte Mumm, diese Frau, die ich als Kind so unglaublich streng und verbittert wahrgenommen habe. Hatte in aller Öffentlichkeit Hitler ein Arschloch genannt. Ich hoffe, ich habe in paar Gene von ihr ;-) Und? Ich war beruhigt! Ich konnte auf etwas in der Vergangenheit meiner Familie zurückschauen, das mich nicht beschämte, sondern stolz machte. Daran musste ich heute denken, als ich vom Kino zurück fuhr. Und mir vorstellte, wie es damals gewesen sein musste, als man Ende der fünziger, Anfang der sechziger Jahre anfing sich selbst Fragen zu stellen. Und vielleicht den eigenen Eltern. Und Onkeln. Und Schwiegervätern. Und ....
Ja, schrecklich für die Familien. Für Söhne und Töchter. Echte Auseinandersetzung oder sich selbst mit Blindheit schlagen um mit der Vergangenheit der eigenen Familie klar zu kommen? Die Figur Radmanns zeigt auch diesen inneren Kampf - wenn Helden fallen.
Der Film zeigt auf beeindruckende Weise, dass es wirklich Menschen gab, die keine Vorstellung hatten, was sich in den Konzentrationslager WIRKLICH ereignet hatte. Keine Idee, keine Ahnung vom Ausmaß des Leidens hatten. Das zeigt beeindruckend die Kameraführung in den Szenen, wenn Radmann und Schmittchen, die Sekretärin, die alles mitschrieb, die Überlebenden von Auschwitz befragten, um Beweise und Namen und Hintergründe zu sammeln. Und man muss nicht hören was erzählt wird - man hört auch nichts, man hört Musik und sieht Gesichter, die Entsetzen und Fassungslosigkeit und auch Verzweiflung zeigen.
Angelehnt an die wahren Begebenheiten und in einem guten Erzählstrang an einem persönlichen Schicksal entlang, öffnet dieser Film eine Sicht auf eine Zeit in Deutschland, die mir immer nur in Zuckerwatte und Petticoat präsent war. Und er öffnet eine Sicht auf die Mahnung des Vergessens.
Fritz Bauer - der damalige Generalstaatsanwalt Hessens - hat angeregt, dass am Landgericht Frankfurt der Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" prangt. Kommt bekannt vor? GUT! Steht ja auch im Grundgesetzt, ganz am Anfang. Heute habe ich manchmal das Gefühl, das wissen viele Mitbürger und Mitbürgerinnen nicht mehr. Und haben auch kein Gefühl mehr dafür, was damals passiert ist. Wenn ich sehe, welche Sprüche und Artikel Menschen die ich kenne, und die ich sympathisch finde und nett, bei Facebook und co mit Likes versehen, wird mir ganz anders.
Auch deshalb finde ich diesen Film so sehenswert - und würde ihn am liebsten auf besten Blockbuster-Zeiten in den großen Kinos sehen. Weil er erinnert und weil er ein Plädoyer dafür ist, den Mund aufzutun. Anzumahnen. Aufmerksam zu machen. Stimme zu erheben.
Ein Dank an Giullio Ricciarelli für dieses Erinnerungswerk.

http://imlabyrinth-film.de/trailer

Dienstag, 16. September 2014

der sanfte und der harte weg - IN LOVING MEMORY OF PHILIP SEYMOUR HOFFMAN - "A Most Wanted Man"

"A most wanted man ist nicht politisch, aber es geht um Politik". Das sagt Anton Corbijn über seinen Film. Es geht um viel mehr...
Es ist - und das hat mich eigentlich ins Kino getrieben ohne den genauen Inhalt des Filmes zu kennen - der letzte Film mit Philip Seymour Hoffman. Der Mann der Capote spielte, den man zuletzt in den Tributen von Panem sehen konnte. Ihm haftet der Ruf eines der ganz Großen an. Der gegangen ist. Im Februar diesen Jahres starb Seymour an einer Überdosis. Ein Charakterschauspieler, ein Bühnenschauspieler, mehrere große Nominierungen, ein Oscar, ein Golden Globe - und als Jahrgang 1967 war da noch nicht Ende der Fahnenstange. "Er war in Höchstform... Er hinterlässt ein unglaubliches Loch in der Welt der Schauspielerein." So Corbijn.
Die Schlussszenen dieses Filmes überraschen so in ihrem harten Fall in eine gespielte Realität, dass man die Wut, Sprachlosigkeit, Hilflosigkeit und vielleicht sogar Resignation des Hauptprotagonisten tief drinnen nachvollzieht, mitempfindet. Günther Bachmann leitet eine dt. Spionageeinheit. Handlungsort: Hamburg (großartig, völlig untypische Bilder, nichts Verbrauchtes). Er und sein Team (hier zu sehen Daniel Brühl und Nina Hoss) "existieren nicht" - so sagt Günther es. Jenseits der Legalität, im Dunkeln, da, wo die offiziellen Stellen nicht agieren. Er kämpft für seine Sache und den tschetschenischen Flüchtling Issa, der nach Folter in der Türkei und in Russland in Deutschland abtaucht, weil nur dort ein Ausweg aus seiner hoffnungslosen Lage wartet. Anabel Richter - Rachel McAdams!!! - ans Gute glaubende, pazifistische Anwältin einer Hilfsorganisation gerät gemeinsam mit Issa (großartig gespielt von Grigoriy Dobrygin) in den Strudel des Vermächtnisses von 9/11: der Angst und zu was sie die Menschen treibt.
Mit stillen Bildern, eingebettet in eine unaufällige und somit grandios wirkende Filmmusik (von Herbert Grönemeyer) erzählen Regisseur und seine Mimen die Geschichte - tja, von was?
Davon wohin die Gesellschaft geraten ist, seit der radikale Terror unserer Zeit eben diese Zeit zerreißt und die Gesellschaft teilt. In Kämpfer und Opfer, in Radikale und Gemäßigte, in angstvoll Politisierende und ignorant Schweigende. In die Masse und die Anderen. In "Die" und "Wir". Terror säht Aktivismus - manchmal blind. Und Sprachlosigkeit. Und Aggression und hier und da Widerstand.
Günther Bachman ist der Gute. Obwohl er doch auf der Seite der dunklen Machenschaften steht, der Abhörer und Belauscher, der Geheimniskrämer und Vertuscher... oder? Gibt es gute Gute und böse Gute? Oder gute Böse und böse Böse?
Der Film thematisiert nicht die Frage nach dem Terror, nach dem Islam, nach religiösem Fanatismus. Er thematisiert die Frage, wie ein einzelner mit seiner Verantwortung umgeht und wie Systeme reagieren. Wie Macht funktioniert. Er thematisiert die Grenze guten Willens, der in einem schier unauflöslichen Teufelskreis ausgebootet wird. Erstickt wird. Mundtod gemacht wird.
Heute morgen saß ich in einer Konferenz und hörte von einem Fachmann für Prävention im Bereich religiöse Radikalisierung über Muslime, über Konvertiten, über Salafisten und die Sven Lau´s dieser Tage. Ach ja, Sonntag Abend - Tatort. Na... ja. Heute morgen bei 1Live im Radio ein Interview mit einem jungen Iraker der zu den Waffenlieferungen befragt wurde "was hälst du davon" und er fragte in seiner Antwort, in der er beteuert, dass er den Westen schon verstehen kann, was passiert mit den Waffen, wenn DIESER Krieg vorbei ist?
Der Film "A Most WANTED MAN" ist für mich ein Film der uns ins Nachdenken bringen kann, wie weit wir gehen dürfen oder können im Namen der Sicherheit, der Verteidigung, der Hilfeleistung. Darüber wo Grenzen sein müssten oder auch könnten. Über Krieg und Frieden. Über Vertrauen. Über den Mut etwas anders zu machen.
Heute morgen habe ich gelernt, dass Jihad "erst mal" nur für Anstrengung, für Bemühen, für den Einsatz für eine Sache steht. Und die Welt lehnt sich auf, gegen die fehlgedeutete kriegerische Interpretation dieses religiösen Begriffes.
Und wofür setzen wir uns ein? Für friedliche Lösungen? Für Ausdauer jenseits von Kampfhandlungen? Für langen Atem bei "den anderen" Wegen? Für echte Unterscheidung? Für klare Worte oder für harte Fakten in Form von militärischer Unterstützung?
Der Film trifft mich ganz persönlich in meiner Sprachlosigkeit und vielleicht hat mich auch deshalb die Schlussszene so gepackt, in der dieser ungepflegte, unsympatische und doch so packende Spionagetyp ins Nichts geht - wie sein Bemühen, wie seine gute Absicht, wie sein Einsatz...

"A MOST WANTED MAN" ist einer der sehenswerten Filme. Ich fürchte, er wird so manchem Kinobesucher zu anstrengend sein. Zu wenig Aktion. Zu viel Nachdenken. Ich hoffe, er wird all denen, denen Denken nicht zu akrobatisch ist, einen Anlass geben über das ganz eigene nachzudenken - denn da fängt es an. Bei meinem Misstrauen. Bei meiner Unwissenheit. Bei meiner Sprachlosigkeit.
Es gibt den harten Weg und den sanften Weg - ich bin für den sanften Weg. So in etwa sagt es Günther Bachmann. Der sanfte Weg.


Foto: „Philip Seymour Hoffman 2011“ von Georges Biard - Eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Philip_Seymour_Hoffman_2011.jpg#mediaviewer/File:Philip_Seymour_Hoffman_2011.jpg

Die Corbijn-Zitate entstammen dem Artikel

"Ich fühle mich auf der Welt nicht besonders zuhause" Stern, Onlineausgabe, 13.9.2014 von Sophie Albers Ben Chamo

Dienstag, 2. September 2014

Guardians of the Galaxy - warum ich ein Marvelfan bin...

... weiß ich eigentlich selber nicht! Es hat mich gepackt, mit dem ersten Ironman meines Lebens. Ich liebe die X-Men und da mein Sohn mich seit Wochen löchert "schaust du dir die Guardians an?" und ein lieber Freund heute Abend meinte, das sei der einzige Film, den man sich gerade anschauen könne... (na ja - da gäbe es sicher noch was anderes ;-) ) - auf ins Kino!
Und nun?
ICH WILL AUCH UNTER FREUNDEN STERBEN
ICH WILL EINEN BAUM ZUM FREUND
ICH WILL EIN MEISTER DER METAPHERN SEIN....
The Guardians of the Galaxy ist ganz großes Kinovergnügen! Der Film hat eine - für dieses Gengre - sehr übliche, aber nette Handlung. Der Film hat - für dieses Gengre - einen ausgsprochen guten Humor!!! Der Film hat - für dieses Gengre ist das nicht besonderes - ganz coole Effekte.
Der Film ist einfach super! Wie sagte mein Begleiter "sehr differenzierte Charaktere" - ja! Da ist ein sprechender Baum, der einen einzigen Satz sagen kann und damit sooo viel Inhalt rüber bringt. Den aber leider nur der auf Hyperfiech gepimpte Waschbär namens Rocket verstehen kann ;-)
Da ist Peter - der Erdling, der dann am Ende doch teilweise "was ganz altes" ist :p Und diese grüne Superfrau, die doch noch tanzt... und der sprachlich begabte ewig Trauernde - ne, auch das ändert sich...
So eine Story erzählt man nicht en Details im Vorraus. Wobei: guter Typ, böser Typ, alle finden sich doof. Alle finden sich dann doch nicht doof. Böser Typ autsch, gute Typen am Ende Liebling von allen. :)
3D - ICH brauche das eh selten. Ich glaube, der Film braucht es auch nicht. Der hätte es auch so als Kassenschlager geschafft. Aber wer es mag - passt schon.
Also: ihr Freunde der Superhelden dieser Welt. Ihr heimlichen Verehrer der Rächer der Enterbten der modernen und zukünftigen Welten, der Galaxien und unvorstellbaren Weiten! Ihr Verehrer der zum Kinoleben erwachten Marvelfiguren. Geht auf Pilgerfahrt. Rüstet euch für ein Erlebnis der besonderen Art! Bereitet die Lachmuskeln vor und schaltet auf Kurzweile! Und dann hinein in 122 Min Kino von James Gunn. Mein persönlicher Vavorit war Dave Batista :) Und Benicio del Torro mit blonder Mähne - auch witzig. Ansonsten in den Hauptbesetzungen keine sehr großen Namen - aber so ein Plot braucht das nicht ;-)
Und die Filmmusik - perfekt :) Und wer sich an den kleinen Apparat - Walkman genannt - noch aus dem eigenen Leben erinnert, weiß zumindest schon mal was das ist, was Peter da als sein Heiligtum behandelt.
Fortsetzung? Ja - ist schon angekündigt... Spaß pur Tl. 2



Freitag, 4. Juli 2014

Hühnerfleisch - Pimkie - Eier - Vögel - Weltmeere. Oder: warum ich wohl ein Öko werde.

Schon die ganze Zeit juckt es mich in den Fingern.
Aber ich frage mich: wen interessiert denn, was in meinem Kühlschrank, Flaschenregal oder T-Shirt-Stapel liegt? Vielleicht niemanden - aber dann wäre das ja schon ein passender Opener.
Denn die "ist mir eigentlich egal"-Haltung ist es, die mich langsam rasend macht. Da entspinnt sich ein Lebensmittelskandal nach dem anderen, wahlweise können wir auch auf die Produktionswege von Kleidung schauen oder auf die "wunderbare" Entwicklungsphase von Pestiziden, die bei Gen-manipulierten Pflanzen nicht mehr nur einen Schädling bekämpfen, nein man arbeitet daran ZWEI Bösewichte der Natur auszumerzen - und scheinbar interessiert das alles keinen Menschen!

Mich regen die niedrigen Lebensmittelpreise auf. Schon seit Jahren diskutiere ich mit einem weiblichen Familienmitglied jenseits der Sechzig, wenn ein Discounter sich erdreistet die Butter 5 Cent teurer zu verkaufen.
Mich erschreckt die heutige Tagesnachricht, dass in Bolivien jetzt 10-jährige legal arbeiten dürfen, sofern sie die Erlaubnis ihrer Eltern haben - ja, ich weiß, man will gegen die Armut vorgehen. Aber wie weit sind wir denn, wenn Kinder ein Land retten sollen?
Als letzte Woche jeder über Zettel in Kleidungsstücken debattierte hatte ich sehr schnell eine persönliche Meinung: ist völlig egal, ob Kunstaktion oder nicht. Die Aufmerksamkeit zählt.


Als ich eben ein Video gesehen habe von einer wirklich sehr coolen Aktion von Umweltaktivisten des WWF-Paraguay, dachte ich: Nachhaltigkeit ist schon ein tolles Wort. Das einen unausweichlichen Inhalt markiert. Sie fängt im Kleinen an - in meiner Küche, in meinem Kleiderschrank, in meinem Auto - oder vielleicht doch in der Bahn? Sie beginnt für meine Kinder dort, wo sie begreifen, warum auf der Packung Bio steht und wir hier und da etwas nicht haben, weil wir das Geld in Güter jenseits der Tiefpreismarke investieren. Sie fließt durch meine Stromleitung und vor allem: durch mein Gehirn. Und ich wünsche mir den Gedanken der Nachhaltigkeit in ihren vielen Facetten bei allen Menschen. - Wird nicht funktionieren. Aber bei vielen Menschen, das wäre schon toll und klug!
Verantwortung ist auch so ein Wort. Und Nachdenklichkeit. Damit fängt alles an. Man stolpert über etwas. Über Hühnerfleisch, Pimkie, Eier - Vögel ;-) die Weltmeere... und wird ein Öko.
Ist Öko eigentlich immer noch ein Schimpfwort in bestimmten Kreisen? Na dann los!

Und hier der beeindruckende Film des WWF-Paraguay. Wer keine Idee hat, was Erderwärmung bedeutet, schaue genau hin!
https://www.youtube.com/watch?v=rZNiP2ufp_Q

Ach ja: nur für die Nörgler: ja, klar muss man bei Bio genau hin schauen, klar ist nicht alles, das den Stempel "ökologisch" trägt gut, aber wir lassen ja unseren Verstand nicht im Bett, wenn morgens der Wecker geht, oder? Ich habe das Gefühl, MEINEM Verstand geht es viel besser, seit er mitdenken darf :)

Sonntag, 13. April 2014

Vogelmord? Ich glaub ich spinne... Zypern und der Artenschutz.

Ich lese gerade das aktuelle Geo-Heft. Spannend. Vielfältig...
Und da fällt mir ein Werbeflyer in die Hand, "Endstation Rastplatz". Bin ja interessiert, also schau ich mir das Ding an. Und erfahre, dass manche Menschen Singvögel als Delikatessen ansehen und deshalb wieder andere Menschen diese Vögel fangen. So weit so gut. Oder doch nicht?
Das mit der Delikatesse - da bin ich zwiegespalten, ich esse ja mit Sicherheit auch Dinge, die andere Leute - zumal in anderen Gegenden der Welt - jetzt eher mit einem Kopfschütteln bedenken.
Aber der Flyer macht sehr schnell deutlich: das ist eigentlich verboten. Und die Wilderer die in südlichen Regionen die Tiere, die uns hier gerade wundervolle Frühlingskonzerte in freier Natur bieten, für ihre illegalen Geschäfte einfangen, machen das auf widerliche Art.
Als ich das alles gelesen habe (dann natürlich auch auf der Internetseite der Stiftung Pro Artenvielfalt), musste ich an Donnerstag denken. Da saß ich in einer Kaffeepause im Westerwald, am Arsch der Welt, in der Sonne, mit meiner Tasse in der Hand, Augen geschlossen, das Gesicht in der leicht wärmenden Morgensonne... und lauschte! Es war unglaublich - unglaublich schön. Es gab kein anderes Geräusch. Kein Auto, kein Klappern oder rattern oder schnattern (von Menschen ;-) ) nur den Gesang der Vögel. Ich versuchte ihre unterschiedlichen Pfeiftöne und Arten zu zählen - hoffnungslos. Ich erntete nur ein Lächeln von meinem zweiten Ich und dachte: ach, hör einfach zu und genieße! - wann hast du so was schon mal...
Wenn ich dann lese, dass jede achte Vogelart vom Aussterben bedroht ist, komme ich wieder an den Punkt des Nachdenkens, an dem ich in letzter Zeit schon oft war. Ich kaufe seit kurzem keine Eier und kein Fleisch mehr bei Aldi. Ich hab mir auferlegt regelmäßig in einem Bioladen einzukaufen (weil es mir und meinen Kindern gut tut und die Läden unterstützt), ich achte auf Gütesiegel und und und... ach ja, ich hab ja auch Ökostrom! Dann kann ich auch mal bloggen und euch bitten, die Aktion der Stiftung zu unterstützen, die sich an den Justizminister der Republik Zypern richtet. Mit dem Aufruf, endlich die EU-Vogelschutzrichtlinie von 1979 umzusetzten (neunzehnhundertneunundsiebzig - ist es denn zu fassen!) Weil jedes Jahr bis zu 2,5 Millionen Singvögel mit so ätzenden Sachen wie Leimruten (einfach mal auf der Internetseite nachlesen, ich wußte auch nicht, was das ist) illegal gefangen und getötet werden.
Hier habt ihr einen Link für eine Unterschriftenliste:
http://www.stiftung-pro-artenvielfalt.org/Unterschriftsliste_Vogelmord-2014.pdf
Und damit ihr euch informieren könnt, hier den Flyer:
http://www.stiftung-pro-artenvielfalt.org/images/PdM/2014
Wir haben vor Jahren aufgehört Froschschenkel als Leckerei anzusehen und stellen heute lieber Krötenschutz auf, wir finden die Hühnerhaltung hierzulande empörenswert, es gibt Menschen die geben die letzten Kröten - oh sorry - Cent für ihre lieben Vierbeiner aus... da kann man doch auch mal ne Unterschriftenliste füllen, oder? Macht mal.
Übrigens las ich in Geo auch dass es in Ecuador unzählige illegale "Kliniken" gibt, die Zwangstherapien an Homosexuellen durchführen. Meist Frauen. Oft in Trägerschaft religiöser Gruppierungen. Ob die da freiwillig hingehen? Nö. Aber Entführung kostet extra. Dafür bzw dagegen gab es leider keine Unterschriftenaktion. Sonst hättet ihr hier noch ein paar Links.
Also: ist ja jetzt bald Ostern und letzte Fastenwoche und so... egal ob man dran glaubt oder nicht: ist ne gute Gelegenheit mal den Allerwertesten für was anderes hoch zu kriegen, als das eigene Wohlbefinden.
DANKE

Montag, 17. März 2014

Empfehlung für ein ungelesenes Buch: Ruth Ozeki "Geschichte für einen Augenblick"

Zu Weihnachten bekam ich ein "wir machen was"-Geschenk: eine Lesung im Rahmen der Lit.Cologne für den 17. März 2014. Ich hatte noch nie etwas von der Autorin gehört, kannte nur Suzanne von Borsody, die den Part der dt. Lesung übernehmen sollte.
Nun denn. Als ich mich heute Abend in die wunderschöne Kulturkirche setzte hatte ich immer noch keinen Plan, was auf mich zukommen würde. Als mir klar wurde, das Ruth Ozeki japanisch-amerikanische Autorin ist, dachte ich: es wird schon irgendwie, denn - japanische Literatur, Kultur, Kunst ist eher nicht so meine bevorzugte Richtung.
ABER -
es war ein wundervoller Abend. Und auch wenn ich das Buch (noch) nicht gelesen habe: ich möchte es jetzt schon jedem ans Herz legen, der etwas verwegene Plots, ungewöhnliche Erzählstränge und Perspektiven mag. Und eine Mischung aus Lebensweisheit und humoristischer Unterweisung. Ich habe so eine Ahnung, als könne das passen.

Suzanne von Borsody laß ganz wundervoll die ganz wundervollen Texte der ganz wundervollen Ruth Ozeki. Da Ruth englisch spricht gab es einen Moderator des Abends, der das angenehme Format des Wechsels zwischen Lesung und Autoreninterview mit Leben füllte. Bernhard Robben. Diese drei Menschen ergänzten sich und auf der Bühne entfalteten sich Welten. Die der Autorin Ruth, ihres Zeichens nicht nur Schriftstellerin sondern auch Filmemacherin udn Zen-Meisterin. Die der Hauptprotagonisitn Nao, einer 16jährigen, die einem unbekannten Leser über ihr Tagebuch die Geschichte ihrer 104jährigen Urgroßmutter erzählt (und damit auch ein wenig ihre Geschichte) und die der Romanfigur Ruth - einer Autorin, die an der amerikanischen Küste ein Bündel findet, in dem sich das Tagebuch eines Mädchens befindet.
"A Tale for a Time Being" - so der Originaltitel scheint eine sehr schräge, aber sehr unterhaltsame und auch humorvolle Geschichte zu sein. Sie verbindet Welten, Zeiten, Vergangenheit und Zukunft.
"Hi, my name is Nao. I am a time beeing." So der erste Satz, der heute Abend gelesen wurde. Und auch entfaltet in der Vielseitigkeit seiner Bedeutungen. Der japanische Name des Mädchens, Nao, hört sich an wie das englische Now - jetzt - und transportiert die Geschichte von Nao ins hier und jetzt. Bernhard Robben sorgte für ein sehr unterhaltsames Interview und fragte nach der Bedeutung von Time Beeing - es gibt kein wirklich passendes Wort im Deutschen. Und Ruth Ozeki erklärte (in unglaublich schönem Erzählschwung - so wie sich auch die Buchpassagen anhörten) vom Hintergrund. Es geht um Zeit und Sein. Nicht mehr und nicht weniger. Nao ist Zeit und ist Sein. Sie IST und ist jetzt, obwohl sie zur Zeit, als ihre Aufzeichnungen gelesen werden schon Vergangenheit ist. Ruth Ozeki scheint Heidegger zu mögen und die Quantentheorie, sie erzählt von der Idee von Parallelwelten und von Entscheidungen, die immer in beide Richtungen gefällt werden, in die eine Richtung im hier und jetzt und in die andere Richtung in einer anderen Wirklichkeit... Es ist wundervoll, wie Bernhard Robben die Ausführungen der Autorin, die wissenschaftlich-philosophisch anmuten und ihr tiefes Empfinden von Wirkung und Wirklichkeit vermitteln, mit Humor und Leichtigkeit übersetzt. Du warst nicht dabei? Wir furchtbar! Es war ein wirklich toller Abend. Und auch wenn ich nicht sofort nach der Lesung losgelaufen bin, um mir den Schmöcker zu kaufen, der gerade im S.Fischer Verlag erschienen ist, ich empfehle jedem der schöne, tiefsinnige Bücher mag, es zu tun! Ich warte derweil auf das Taschenbuch. Und bin mir sicher, dass ich nach diesem Abend dieses Buch nicht vergessen werde!
http://www.fischerverlage.de/autor/ruth_ozeki/15018
Ach ja - ich hoffe sehnlichst, dass Suzanne von Borsody für ein Hörbuch engagiert wird! Sie war einfach großartig!

Samstag, 15. März 2014

Im August in Osage County - gnadenlos gut. Gnadenlos ehrlich.

Komödie steht unter dem neuesten Film mit Julia Roberts und Meryl Streep. Beide sind für mich Garanten für einen guten, unterhaltsamen, lohnenden Kinoabend.
Zum ersten Mal in Kombination auf der Leinwand, verstärkt durch weitere starke weibliche Charaktere und einen Plot der einem das Lachen im Halse stecken lässt, wird der Abend mehr als beeindruckend. Unter der Regie von John Wells (Company Men) kommt ein pulitzerpreisgekröntes Bühnenstück auf die Kinoleinwand, dessen Humor so schwarz ist, dass beim Zuschauer die Bitterkeit des Lebens spürbar wird.
Bev gibt auf. Beverly Weston, Schriftsteller, Alkoholiker, gebrochen, bitter und so am Ende, dass er das Leben, das keines mehr scheint, aufgibt. Vielleicht kann er auch nicht mehr mit ansehen, wie Violet (Meryl Streep) im gleichen Sumpf untergeht wie er, Tablettenabhängig, krank, bösärtig. Das alles spielt in einem amerikanischen Landstrich, der wie gemacht scheint für Selbstaufgabe, Melancholie und die tiefsten Abgründe des Menschen. Die Plains. Na, ganz so schlimm kann es nicht sein, würde sich ja sonst eine Schneiße vorprogrammierten Unglücks durch Amerika ziehen... Aber für Barbara eine der drei Töchter der Westons scheint es nicht nur der Arsch der Welt sondern die Verkörperung ihrer schlimmsten Höllenvorstellung zu sein.
 http://sleeplessthought.files.wordpress.com/2014/01/439353-august-osage-county-august-osage-county-wallpaper.jpg Nun denn - auf in die Geschichte. Sie ist klar. Sie ist strukturiert. Sie ist beeindruckend. Nun will man gar nicht die kleinen und großen Nebenschauplätze verraten. Wie in einem Kammerspiel auf einer abgefuckten amerikanischen Ranch im Nirgendwo, kommen Verletzungen, Irrungen und Wirrungen, falscher Schein und jedes Mäntelchen, dass man über die Kümmernisse des Lebens legen kann ans Tageslicht. Und manchmal drückt einen die Handlung, wie die Hitze die Protagonisten drückt.
Ja, das ist manchmal auch komisch. Aber mir blieb das Lachen doch eher im Halse stecken. Gerührt war ich manchmal. Betroffen hin und wieder. Nicht schockiert, dafür ist mir das ein oder andere Thema zu vertraut. Beeindruckt war ich - von Julia Roberts. Von der der Kinobesucher zwei Sitze weiter zu seiner Begleiterin sagte "die ist aber alt geworden". Ne, ungeschminkt, mutig, Mitte 40 und gerade mal nicht in einer Rolle als hübsche selbstbewußte Frau, die jeden haben kann... Von Meryl Streep, die schon oft gezeigt hat, dass man in Hollywood altern darf, dass es tolle Rollen gibt, und dass man glänzen kann selbst wenn man ein Wrack spielt. Ich habe gelesen, sie habe mit ihrem Spiel hier und da übertrieben, überzogen. Nein, hat sie nicht. So sind drogenabhängige Menschen nun ein mal. Da lässt sich weder etwas schön reden, noch schön spielen.
Mein Gedanke beim verlassen des Kinos: Generationen von Eltern, die in ihren Geschlechterrollen, Familienzwängen, Schicksalen und Erstarrungen verbittern, glauben doch immer wieder, dass sie alles für ihre Kinder tun und verleugnen das Leid, dass entsteht. Die Verkrümmungen der nächsten Generation. Die Altlasten. Die schiefen Vorbilder. Die gelernten Unaufrichtigkeiten.
"Im August in Osage County" ist ein toller Film. Nein - keine Sorge, der lässt einen nicht völlig erstarrt aus dem Kino gehen. Der macht auch Laune! Der lässt sich gut anschauen! Der verdirbt einem nicht den Abend! Der ist schön! Aber er hat ein Thema auf sehr eindrucksvolle Weise auf die Leinwand gebracht, das viel öfter Realität ist, als wir wahrhaben wollen. Weil der Schein so oft gewahrt bleibt. Weil man sich eher verbiegt und innerlich verkümmert, als unangenehme Wahrheiten zu benennen. Violet bezeichnet sich bei diesem unglaublichen Familienessen am Beerdigungstag als wahrheitsliebend. Die Wahrheiten ihres Lebens haben sie böse gemacht, gehässig, unfähig anhaltend freundlich zu sein, zu lieben und Schwäche zu zeigen.
Er lohnt sich der Film. Sehr. Ich habe übrigens anschließend lange mit meiner Mama telefoniert. Denn auch Kinder sollten sich nicht auf all ihren Argumenten ausruhen... und seien sie noch so gut ;-)
Daumen hoch für "Im August in Osage County" und mein Tipp für Kinoliebhaber.
Und wer noch mehr drüber lesen will, kann das in bewährter Qualität bei Kino.de, dort gibt es auch den Trailer
http://www.kino.de/kinofilm/im-august-in-osage-county/142643