Dienstag, 24. Januar 2012

Laura Dekker - JONAS - der Brief eines Vaters oder: warum alles so schwierig scheint

Schon seit einer ganzen Weile beschäftigt mich zunehmend das Thema Schule - Jugend - wie sollen/dürfen/müssen Kinder sein. Und es lässt mich nicht los. Immer wieder bekomme ich neue Inputs, die mich am Thema halten. Angefangen hat alles mit dem Brief eines besorgten Vaters über die Schule von heute... erschienen in der Zeit und wer die Zeit dafür hat, lese ihn ruhig. Man kann darüber diskutieren und das macht ihn wertvoll. Das Menschen zu diesem Thema ins Gespräch und ins Nachdenken kommen! Ich stelle mir immer noch vor, wie dieser Vater stundenlang Vokabeln abfragt und ich bei der Vorstellung mit meiner 9jährigen Tochter (schon wieder) das 1x1 üben zu müssen, mindestens genausoviel Unlustgefühle verspühre wie sie. Die Reaktionen auf diesen Brief waren mannigfaltig - in Quantität wie Qualität. Und spannend... ich selbst mache als Mutter von zwei Grundschulkindern gerade unterschiedlichste Erfahrungen mit dem Lernfeld Schule - das gerade für mich selbst zu eben diesem wird: Lernfeld. Ich lerne mir ein eigenes Urteil zu bilden, ich lerne nicht alles so hoch zu hängen, ich lerne Gelassenheit. Ich lerne meinen Kindern Zeit zu lassen und den Wert der vielen Dinge zu vermitteln, die es außer Schule im Leben eines Kindes noch gibt.
Dann lese ich von Laura Dekker. Der 16-Jährigen Weltumseglerin. Ja, ungewöhnlich, ich gebe es zu. Ok, ich weiß auch nicht, ob es zur Nachahmung empfohlen werden soll. Aber mal ganz ehrlich: wer könnte das denn mit 16 nachahmen? Wie der Seglerverband befürchtet, wenn er die sportliche Leistung Lauras anerkennen würde. Ich habe noch lange nicht so viel über Laura lesen können, wie ich mir Wünsche - Hintergründe dieses jungen Lebens. Aber sie ist in einer Familie aufgewachsen, die entweder Wasserratten hervorbringt oder totale Verweigerer. Das ist doch oft so. Musikerfamilien: die Eltern begabt und musikalisch und womöglich die Musik zum Beruf gemacht und oft genug gehen auch aus solchen Familien begabte Kinder hervor. Denen verbietet auch niemand mit drei am Klavier zu sitzen. Was wäre denn aus Bach geworden, hätte der Jugendschutz Vater Ambrosius einen Strich durch die Rechung gemacht oder Mozart, der mit 8 Jahren seinen ersten Auftritt hatte. Ja, die Zeiten waren anders.
Aber was sind das heute für Zeiten, in denen bereits in der Grundschule die Leistungswellen hoch schlagen. Manche Förderklasse erscheint mir nicht mehr wie eine Hilfestellung für Kinder die echte Schwierigkeiten haben, sonder wie ein Must-Have für normale Schüler, die vielleicht hier und da einfach etwas Zeit bräuchten. Aber Zeit scheint in unserer Gesellschaft einer neuen Definition zu unterliegen. Zeit gibt es in der Schule scheinbar nicht.
Ich erlebe viele junge Leute, die sich durch die Klassen 11, 12 und 13 am Gymnasium arbeiten. Und sie arbeiten hart. Was will ich erreichen, Wo will ich hin, Wie sieht die Zukunft aus... Fragen über Fragen, auf die man mit 16, 17, 18 eigentlich noch keine Antworten haben kann. Ich wusste mit 16, als ich meinen ersten Schulabschluss hatte überhaupt noch nicht, was mir beruflich mal gut tun könnte. Mit 19 beim zweiten Schulabschluss hatte ich eher eine Ahnung, aber zukunftsfähig war das immer noch nicht.
http://www.filmkritiker.com/wp-content/uploads/2011/10/Jonas-film-filmkritiker.jpeg
Heute habe ich die neue BojeBuck - Produktion JONAS im Kino gesehen. Christian Ulmen in einer Reality-Produktion. Er spielt den 18 jährigen Jonas, der als schwieriger Jugendlicher, mehrmals sitzen geblieben, eine allerletzte Chance an einer Gesamtschule erhält, um einen Abschluss zu machen. Echte Schule, echte Lehrer, echte Schüler, echte Probleme. Christian Ulmen sagt über den Film, er sei in einen bestehenden Alptraum zurückgekehrt: die Schule. Der Film ist sehenswert. Ich selbst fühlte mich an vieles erinnert und dachte zwischendurch immer wieder: oh man, so macht lernen doch echt keinen Spaß. Wie soll man denn Lust an Wissen bekommen, wenn Schule so ätzend ist? Wenn man sich durch Sachen quält, von denen man nicht wirklich versteht, warum man sie lernen soll. Wenn Lehrer motivationslos sind und NICHTS rüberkommt. Ich hatte ein paar tolle Lehrer, bei ihnen habe ich vieles gelernt, was nicht im Lehrplan stand. Und ich weiß, dass es auch heute Pädagogen mit Herz und Kreativität und viel Lust an ihrer Arbeit und den Kindern und Jugendlichen gibt. Gott sei Dank!!!
Aber meine Nachdenklichkeit bleibt. Zu oft habe ich das Gefühl, dass es schon bei unseren Kinder nur noch ums Funktionieren geht. Das das Leistungsrad sich viel zu früh dreht. Das Spielen kaum noch zweckfrei ist. Dass Freizeit schon bei den Jüngsten in unserer Gesellschaft zum wertvollsten Gut wird. - Verkehrte Welt...
In einem Interview sagt Christian Ulmen über Schule früher:
"...Was sich allerdings verändert hat, ist, dass heute viel mehr Schüler schon in der neunten, zehnten Klasse ganz genau wissen, was sie später einmal werden wollen. Das war zu meiner Zeit anders.
Heutzutage haben sie schon in der Schule Existenzängste, so nach dem Motto: »Wenn ich das hier nicht bringe, kriege ich später mal Hartz IV!« Wir hatten früher in der zehnten Klasse nur Träume."
Ich wünsche mir, dass meine Kinder noch träumen können. Ich wünsche mir, dass sie neben der Schule Leidenschaften entdecken können. Und wenn sie ungewöhnliche Wege gehen wollen, wünsche ich mir Gelassenheit, um sie auf diesen Wegen zu begleiten. Ich wünsche mir die Zufriedenheit jenseits des 1er-Schnitts und die Freiheit mit 16 noch nicht wissen zu müssen, was sie mal werden wollen, um Leistungkurse nach Interesse und Begabung zu wählen.
Ich habe keine Antworten auf so viele Fragen, aber das sichere Gefühl, dass wir nicht mit allem auf dem richtigen Weg sind.


Und hier noch ein paar Links, damit man ein bisschen nachlesen kann:
 http://www.jonas-derfilm.de/christian.html
 http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,810688,00.html
http://faszinationmensch.wordpress.com/2011/06/12/warum-schuler-unsinnig-buffeln-mussen-brief-eines-vaters-an-seine-tochter-zur-erklarung/

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