Mittwoch, 16. November 2011

Sein oder Nicht sein? Was Emmerich von den Menschen erzählt.

Großes Kostümkino habe ich mir da heute Abend angeschaut! Emmerichs "Anonymus" - sollen doch die Kritiker mal wieder schreiben was sie wollen: ich habe nicht gemerkt, wie die Zeit verging. Immerhin satte 130 Minuten lang. Mein Begleiter schon - aber der ist seit heute auch bekennender Nicht-Historienfilm-Fan.
Aber ich liebe solche Filme und das mittelalterliche London und da sind Emmerichs neuestem und eindeutig großartigem Werk alle Türen geöffnet. Ja, da wird eine Geschichte erzählt, die historische Personen auftreten lässt und doch nichts als Spekulation und Phantasie beherrbergt. Aber das so spannend und schlüssig, dass man dieses Stück ur-englischen Intrigenspiels nur genießen kann. Und die Schauspieler überzeugen reihenweise! Sei es Vanessa Redgrave als faltige, aber dem Leben, der Leidenschaft und den schönen Künsten noch immer aufgeschlossene Regentin oder (und hier bin ich wirklich begeistert) Sebastian Armesto als Ben Jonson. Selbst Autor, aber ohne großen Erfolg, der vom adligen Edward de Vere, dem Earl of Oxford als Möglichkeit angesehen wird, seine Stücke zur Aufführung zu bringen. Seinen Worten die Macht zu verleihen, die in ihnen schlummert. Das Shakespeare, gezeichnet als tollpatschiger, gieriger und geistig eher einfältige Typ, diese Pläne durchkreuz und sich als Autor ausgibt - also ein spekulatives Bild der "Seele der englischen Literatur" gezeichnet wird - ist eigentlich völlig unrelevant. Die erzählte Geschichte von politischen Ränkespielen, von Liebe und Leid, von Konvention und der Macht der Worte ist für sich schlüssig und gut. Das man in ihrem Verlauf immer wieder wirklichkeitsnah Theater des 17 Jahrhunderts nahegebracht bekommt ist ein toller Nebeneffekt.
Und die Kulissen und Kostüme dieses Filmes stehen großen Hollywood-Produktionen in nichts nach. Darin ist sich auch die Kritik einig: da ist den Babelsbergern etwas wirklich Gutes gelungen!
Und Emmerich, der schon einmal mit Der Patriot einen Ausflug ins historische Gengre unternommen hat, hat bewießen, dass er nicht nur "Knall - Bumm - Bäng" kann - was wir ja wissen, spätestens seit Independence Day. Hier erzählt er kein Einzelschicksal eingebettet in die reale Geschichte einer Nation. Hier erzählt er Schicksale von Menschen in einer Zeit, in der Heimlichkeiten und Abhängigkeiten, Macht und tiefer Sturz noch anders definiert waren als heute. Und doch sind es Geschichten, die auf ihre Art auch unsere moderne Zeit kennt. Emmerich erzählt vom Menschen und packt dieses Erzählen in Historie - gewagt, aber gelungen!!!

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