Dienstag, 18. Oktober 2011

Neudefinition - oder: von echten und inneren Kraftmärschen

Seit Tagen geht mir etwas durch den Kopf - So fing schon so mancher Blogeintrag an und ich fürchte, es werden noch viele folgen...
Ja, aber es ist nun mal so. Und dann lese ich da eben diesen Artikel über einen Mann, der um die Welt gelaufen ist. 56 Jahre ist Jean Béliveau alt und 11 Jahre war er unterwegs. Auf mehr als 75.000 km und in 11 Ländern... Und warum hat er das gemacht? Midlife-Crisis. Eine Krise. Ein Lebenspunkt, der nach Veränderung schrie. Eine Phase, in der etwas passieren musste - damit es weiter gehen konnte? Ich weiß es nicht. Aber diese Geschichte hat an den Gedanken angedoggt, der da schon ne Weile in mir arbeitet.
Das Wort, das immer wieder laut wird ist: Neudefinition. Also einer Sache eine neue Bedeutung, eine neue Auslegung, vielleicht eine neue Gewichtung geben. -
Ich hab keine Midlife-Crisis, bin nicht drauf aus, 11 Jahre durch die Welt zu laufen und 54 paar Schuhe platt zu rennen :-) ABER: ich lerne viele Dinge neu zu definieren. Ihnen MEINE Bedeutung zu geben. Manchmal habe ich das Gefühl, in den letzten 2 bis 3 Jahren innerlich um meine Welt gelaufen zu sein. Und dieser innere Marsch hat ähnlich viel verändert und bewegt, wie Béliveau´s Marsch um die Welt. Auch die inneren Märsche führen in nie gekannte Landschaften, führen durch Wüsten und in Städte. Führen zu Menschen die man bisher nicht kannte. Auch mit einem Aufbruch der anderen Art läßt man Dinge hinter sich. Zu manchem kehrt man zurück, von anderem verabschiedet man sich für lange oder gar für immer. Und dieser Marsch, das in Bewegung bleiben hilft dabei herauszufinden, was wichtig ist. Was anders sein mus. Was nötig ist, damit es MEIN DING ist, dieses Leben, das ich zu leben habe. Denn - so glaube ich ganz fest - es ist ein wertvolles Geschenk. Und man sollte es nicht halbherzig und nur mäßig überzeugt leben.
Sie sind nicht leicht diese Märsche. Vor ein paar Jahren habe ich mich zu Fuß auf den Jakobsweg gemacht und bin beim ersten Versuch schmerzhaft gescheitert. Ich habe ihn fortgesetzt, aber sich auf zu machen und zu merken, ich komme nicht da an, wo ich hin will - das war hart. Auch bei den inneren Wegen sind das die harten Momente der Erkenntnis: ich komme nicht vom Fleck, ich hänge fest, ich muss etwas verändern, damit es weitergehen kann. Damals habe ich meine Fortbewegungsart geändert und bin aufs Rad gestiegen.
Ich habe viele "Fortbewegungsarten" verändert in meinem Leben seit dem. Aber: auch wenn ich an Tagen wie diesem merke, es ist nicht immer leicht, wenn man Dinge neu definiert, merke ich auch: es ist gut. Es ist einfach gut - auf diesem Weg kann ich gut gehen, ich komme voran, ich habe das richtige Rüstzeug. Ich weiß nicht, wie viele innere Kilometer ich noch vor mir habe, aber sie werden spannend sein. Es gibt keine Karte für das, was in der Zukunft ist... Täler oder Höhen, Flüsse, Meere, Wüsten, die Einsamkeit oder die Erfahrung Menschen zu haben, die einem nah sind... es wird alles mit dabei sein. Ich bin angekommen und doch noch immer unterwegs.
Und wovon ich wirklich träume? Einmal mit der Bahn und zu Fuß ein Land zu erkunden, dass meinen Weg gekreuzt hat... vier Wochen einfach drauf los... das Ziel vor Augen und entdecken, was der Weg bereithält. Nicht alleine, in Gesellschaft, die die Langsamkeit schätzt und spanischen Rotwein.
Vamos! Und willkommen Jean Béliveau zu Hause, Respekt - das war großartig!

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