Montag, 7. Februar 2011

Düfte, Bomben und woran wir glauben

Hallo Leute, also ehrlich: ich hab heute wirklich eine ziemlich ungewöhnliche Aktion gebracht. Ich habe mir heute im Kino 4 Filme von Bernd Eichinger angesehen. Dieser wirklich große Mann des deutschen und internationalen Films, der kommerzielle Filme mit ausschließlich zeitvertreibendem Zweck, kommerzielle Filme die durchaus was zu bieten haben und Filme, die einfach nur Aussage haben, gemacht hat. SEIN Kino hat eine filmische Homage an ihn veranstaltet - dh der letzte Film läuft noch, aber den hätte ich nicht mehr geschafft.
Ich kann euch jetzt schlecht vier ausführliche Filmbeschreibungen liefern, aber die Filme sollen genannt sein:
1: Das Parfüm - nach einer Romanvorlage von Patrick Süßkind 2: Der Untergang - die letzen Tage Hitlers und seines nahen Umfelds im Führerbunker in Berlin 3: der Baader Meinhof Komplex - die Innenschau des deutschen Terrors durch die RAF und 4: Der Name der Rose - nach dem Roman von Umberto Eco
Eigentlich sind es ja sehr unterschiedliche  Filme und sehr unterschiedliche Themen - und doch muss ich heute Abend sagen, sie haben alle auch etwas gemeinsam: Besessenheit - auf ganz unterschiedliche Art. Persönliche Besessenheit, ideologische Besessenheit, radikale Besessenheit, religiöse Besessenheit. Besessenheit wird oft in religösem Kontext benutzt, aber wenn man es als innerliches ergriffen sein von etwas, völlig ausgerichtet sein auf eine Idee, eine Sache, eine Person... definiert dann kann es in allen Lebensbereichen dazu kommen. Es ist aber doch nicht schlecht, von etwas ganz ergriffen zu sein? Wenn etwas uns im Innersten erreicht, dann ergibt sich daraus Motivation und Antrieb, entwickeln wir Ziele... wo ist die Grenze zur Besessenheit? Ist sie fließend? Spürt man sie? Oder ist wahre Besessenheit nur für Außenstehende spürbar - weil sie gefährlich wird. Weil sie auch Realitätsverlust bedeutet? Oder sind wir nicht alle auch von irgendetwas ein bischen besessen - weil es die Verrückten, die Begeisterten, die "Besessenen" braucht, um andere zu mobilisieren? Ja, sie können Massen bewegen - sie entwickeln ungeahnte Kräfte, sie können sich scheinbar über die Dinge stellen. ABER sie sind Grenzgänger - überschreiten und boykottieren moralische und gesellschaftliche Werte. Kann man bis zuletzt vor sich selbst bestehen, wenn man auf ganzer Linie sich gegen das stellt, was die Menschen in langen Prozessen des Miteinanders als Richtig festgestellt haben? Im Untergang und in Baader Meinhof Komplex wird von Menschen erzählt, die gesellschaftlich geltende Normen nicht akzeptieren. Das ist zwar auch schon die einzige Gemeinsamkeit - Hitlers kranker und auf unbeschreibliche Art besessener Geist stellt sich ja nicht nur gegen das Existierende, er schafft sich seine eigene Wirklichkeit in der er neuen, seinen Normen Gültigkeit verschafft. Ohne bis zuletzt zu erkennen, dass diese Welt in der Welt nur zerbrechen kann, weil sie einzig von Fanatismus geformt ist. Andreas Baader als Triebfeder des dt. Terrorismus wollte Veränderung - hat aber leider den falschen Weg dafür gewählt... und andere durch seine Besessenheit begeistert, denn er hatte Mitstreiter. Sein innerer Zirkel hat durch Besessenheit mobil gemacht und die Menschen die mitgemacht haben jenseits der moralischen und gesellschaftlichen Grenzen geführt, aus moralischen Motiven. An sich schon unglaublich...
Gudrun Ensslin, Baaders Vertraute, hat gesagt, man hatte im Faschismus, also unter Hitler geschwiegen und nichts getan, jetzt (zur Zeit des Vietnamkrieges etc) würde man nicht mehr schweigen. Das Erleben und gebrandmarkt sein von einer ideologischen Besessenheit führte zum Aufblühen einer neuen Besessenheit...
Wobei man ja verstehen kann, dass man damals nicht schweigen konnte. Auch heute kann man zu vielem nicht schweigen. Aber benennen wir auch die "kleinen Besessenheiten" unseres Alltags. Wo Menschen auf falschen Wegen gehen und wir hätten die Möglichkeit etwas zu sagen? Machen wir den Mund auf wenn in den Systemen in denen wir leben Ideologien um sich greifen... - z.B. in unseren Kirchen, am rechten und linken Rand... wenn "Recht zu haben" und "auf der richtigen Seite stehen" und "an das richtige Glauben" über der eigentlichen Botschaft und der Toleranz steht?
Ja, wir sollten alle einbischen im positiven Sinne besessen sein, begeistert... und den Mut haben, immer da etwas zu sagen wenn Begeisterung in Missionierung, Weltfremdheit oder Fanatismus umschlägt.
Ein Freund mit dem ich heute Abend aus dem Kino gegangen bin hat gefragt: wer wird denn jetzt solche Filme ins Kino bringen .... es wird sich einer finden, der den Film nutzt um Wahrheiten auszusprechen und die Menschen und ihre tiefsten Begabungen und Abgründe darzustellen. Bis dahin schauen wir noch die vielen anderen guten Eichinger Filme... und die der vielen anderen großartigen Produzenten und Regiseure ;-)

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