Montag, 17. Januar 2011

Begegnung mit einem Ring

Gerade saß für einige Augenblicke eine ältere Frau neben mir am Lesetisch des Buchladens. Sie hat schwungvoll und dynamisch einen Buchgutschein mit persönlichen Zeilen versehen. Während ich ihr aus dem Augenwinkel beim Schreiben zusah, bemerkte ich den Ring an ihrer linken Hand. Die gealterte Haut hat sich darum gelegt und ihn fest eingenommen. Er muss schon lange an diesem Platz sitzen. Es sah aus, als hätte sich das Leben um die Liebe gelebt.
Ich muss nicht auf meine Hände schauen. Ich weiß, wie sich das anfühlt, wenn das was passte plötzlich zu eng ist. Was braucht ausdauernde, überdauernde Liebe? Den immer neuen Blick? Geduld? Güte? Mut? Im Letzten weiß ich es nicht. Aber der Blick auf diesen Ring bringt mich auf einen Gedanken: Liebe braucht Grenzen. Nur wer seine Grenze kennt, kann dem anderen sagen was geht und was nicht. Nur wer seinen Standort kennt kann sagen: Hier bin ich. Liebe kann helfen Grenzen zu akzeptieren. Liebe kann mich Grenzen aufweisen lassen. Und Liebe kann Grenzen überwinden lassen - um neue Standorte zu finden und Grenzen weiter zu machen. Liebe löst sie nicht auf. Grenzenlose Liebe ist das DU ohne ICH. Grenzenlose Liebe - oft als das Größte beschrieben. Grenzen setzen hingegen als nicht ganz einlassen, den anderen nicht ganz an sich ran lassen. Aber Grenzen geben auch Schutz, an Grenzen kann man sich treffen, Grenzen können sagen: hier bin ICH und DU bist mir willkommen.
Ich will nicht grenzenlos lieben und nicht grenzenlos geliebt werden. Aber mein ICH will mit einem DU Grenzsteine bauen. Denn Grenzsteine schaffen Klarheit, markieren etwas. Dann können ICH und DU sich zurechtfinden. Liebes-Grenzsteine grenzen nicht aus. Aber in jedem ICH und in jedem DU existiert ein eigenes "Reich". Es schön, es zu entdecken... Gemeinsames Entdecken, gemeinsames Bauen, Überwinden und neu definieren ist WIR.

Und das alles, weil ich beim Anlesen eines Buches, auf der Suche nach leichter Lektüre eine Frau beobachtet habe, die sich zufällig neben mich gesetzt hat. Sowas aber auch...
Das Buch habe ich übrigens gekauft: David Gilmour "Unser allerbestes Jahr" - eine wahre Geschichte über eine Vater-Sohn-Beziehung und die unkonventionelle Art mit einem Problem umzugehen. Sehr spannend...
ich berichte, ob sich der Kauf gelohnt hat.

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